Das Spielzeit-Interview 2024/2025
GMD Florian Merz im Gespräch
Sehr geehrter Herr GMD Merz, als Theater- und Veranstaltungsgesellschaft agieren Sie immer auch im gesellschaftlichen, sozialen und – teils ungewollt – im politischen Kontext. Welche Bedeutung hat aus Ihrer Sicht hier die Kultur, gerade in den oft zitierten »aufgeheizten« Zeiten?
Wir Chursachsen orientieren uns bei unserer Spielplangestaltung grundsätzlich auch an gesellschaftlichen Veränderungen, versuchen diese kulturell zu reflektieren und ggf. in Frage zu stellen. Wir sind meinungsstark, stehen ganz klar für eine Welt der Freiheiten, der Toleranz, des Miteinanders und wollen die Gemeinsamkeit mittels Kultur stärken. Dabei sind wir stets heimatverbunden, gerne traditionsbewusst, aber gleichzeitig weltoffen und neugierig: Das ist unsere Identität. Kultur gibt uns einen Raum des kreativen Austausches, dies hat eine große Bedeutung. Besonders in unserem ganzjährigen Spielplan mit rund 200 verschiedenen Kultur-Produktionen aller Genres und den jeweils passenden Künstlerinnen und Künstlern bzw. Ensembles aus aller Welt: Das ist unser Kontext und Kompass.
Eine neue Spielzeit beinhaltet ja immer auch neue Erwartungen. Mit welchen Erwartungen gehen Sie als Intendant in 2024/2025?
In den aktuell herausfordernden Zeiten habe ich statt Erwartungen tatsächlich eher Hoffnungen. Eine wirklich beflügelnde Hoffnung dabei ist es, dass unsere gelebte Chursachsen-Vision für eine aktive, weltoffene Kultur- und Festspielstadt Bad Elster im Herzen Europas nachhaltig aufgeht. Und dass sich dadurch die Lebensqualität, das Aufenthaltserlebnis oder die damit verbundene, kulturelle Identifikation für Menschen aller Generationen aus nah und fern positiv zum Wohle der ganzen Region auswirkt. Das kann ich kaum erwarten …
Im Jahr 2025 feiert auch Bad Elster 35 Jahre Deutsche Einheit. Sie sind Düsseldorfer und bereits seit 1992 in Bad Elster tätig. Was ist Ihr ganz persönlicher Blick auf diese 35 Jahre gesamtdeutscher Geschichte?
Die »Deutsche Einheit« hat mein Leben maßgeblich geprägt. Ohne dieses wichtige geschichtliche Ereignis wäre zumindest mein Berufsweg ganz anders verlaufen. Seit meinem ersten Aufenthalt in Bad Elster im Herbst 1991 (als 24-jähriger Düsseldorfer) erfüllt es mich nach wie vor außerordentlich, dass ich mit meinem Chursachsen-Team und manch‘ anderen Mitstreitenden hier, in der Grenzregion Vogtland im Herzen Europas, das Zusammenwachsen von Deutschland, auch mit meinem Lieblingsland Tschechien, aktiv unterstützen konnte und kann. Rückblickend ist sicherlich Vieles gut gelungen, vorausschauend liegt aber noch Einiges vor uns. Nur Erreichtes freundlich zu verwalten reicht definitiv nicht! Wir müssen unter Beachtung auch gesamtdeutscher Rahmenbedingungen in unserer Heimatregion Oberes Vogtland stets hungrig »dranbleiben«, Klartext reden, gut zuhören, reflektiert und klug sein, die richtigen Entscheidungen treffen und professionell umsetzen. Ich bin stolzer Rheinländer und liebe gleichfalls die sächsische und mitteldeutsche Kultur. Kultur verbindet, Kultur ermöglicht. Das motiviert und treibt mich – wie vor über 30 Jahren – unermüdlich an.
Zurück zur Kultur: Im Konzertbereich und Musiktheater feiern Sie in der neuen Spielzeit vor allem die Jubiläen von Anton Bruckner, Johann Strauß und Giacomo Puccini. Trotz der großen Unterschiede, was verbindet aus Ihrer Sicht diese Jubiläen?
Na ganz einfach: Sie alle werden in Bad Elster entsprechend inszeniert. Nein im Ernst: Traditionell feiern und begehen wir in unseren sieben historischen Veranstaltungsstätten auf der »Festspielmeile der kurzen Wege« Bad Elster seit Beginn unserer Tätigkeit die Jubiläen bedeutender Musik- bzw. Kulturpersönlichkeiten sowie weltlicher und kirchlicher Ereignisse. Auch diese Themen verbinden dann den Ruf Bad Elsters als Kultur- und Festspielstadt mit inhaltlicher Veranstaltungsvielfalt. Die jeweiligen Veranstaltungen leben immer vom Kontrast: z. B. hier der sonnige Italiener Giacomo Puccini in der irdischen Welt der großen Oper, da der ländlich geprägte Österreicher Anton Bruckner im symphonischen Himmel der Musik. Und bei Johann Strauß gedenken wir im Herbst dem sog. »Vater Strauß«, bevor wir dann seinen Sohn als den Wiener Walzerkönig im Jahr 2025 zum 200. Geburtstag mit einem ganzen Veranstaltungsreigen ehren werden. Damit möchten wir unserem Publikum Kulturgeschichte in Kulturgeschichten erzählen – als Inspiration eines Bad Elster Aufenthalts. In diesem Sinne widmet sich die neue Spielzeit übrigens auch ehrenwerten Zeitbildern z.B. von Antonio Salieri, Georges Bizet und Caspar David Friedrich.
Gestatten Sie uns zum Schluss noch eine künstlerische Frage: Wenn Sie die neue Spielzeit als Symphonie beschreiben müssten: Wie würden Sie diese in vier Sätzen charakterisieren?
Kulturangebot Stabilität, Kraft, Identität und Zuversicht befördern, dabei Gutes und Bewährtes bewahren sowie innovativ begeistern. Also würde ich eine klassische, viersätzige Symphonie als Grundlage unserer neuen Spielzeit wählen: 1. Satz Allegro molto: Wir bieten Ihnen ganzjährig ein umfassendes, großartiges, wahrlich begeisterndes Programm nach dem Motto »Für jeden etwas« an. Wählen Sie aus – Sie sind Königin, König, Prinzessin oder Prinz! 2. Satz Andante con moto: Lassen Sie sich fallen, tauchen Sie in den Königlichen Anlagen bewusst zur Entspannung ab und mit den Kul tur-, Wohlfühl- und Erholungsprogrammen in einmaliger Naturlandschaft gestärkt wieder »neu« auf! 3. Satz Menuetto und Trio: Das ganzjährig-schöne, klassisch-königliche Bad Elster ist Ihre Bühne für ein Fest des kultivierten Lebens: Tanzen Sie, bewegen Sie Körper, Geist und Seele und aktivieren Sie so neue Lebenskraft! 4. Satz Finale: Allegro con fuoco: Nehmen Sie ein Stück Bad Elster mit in Ihren Alltag und schauen Sie selbst, wie Sie Ihr Leben mit neuer, bei uns erworbener Kraft besser gestalten und genießen können!
Herr GMD Merz, wir danken Ihnen für dieses Gespräch.